Gewerbesteuerwissen

So funktioniert der Gewerbesteuerhebesatz

Mit dem Gewerbesteuerhebesatz erhalten die Gemeinden in Deutschland die Möglichkeit, Gewerbebetriebe zu besteuern und damit ihre Gemeindesteuern zu beeinflussen. Neben einem Hebesatz für die Gewerbesteuer existieren mit den Hebesätzen für die Grundsteuer A und die Grundsteuer B insgesamt drei dieser Hebesätze. Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit dem Hebesatz für die Gewerbesteuer sind die Steuerschuld, der Gewerbesteuersatz und der Steuermessbetrag. In diesem Artikel haben wir die wesentlichen Informationen für Unternehmer und andere Interessierte mehr zu diesem wichtigen steuerrechtlichen Konzept zusammengestellt.

Was ist der Gewerbesteuerhebesatz?

Der Hebesatz für die Gewerbesteuer ist ein Faktor, der durch Multiplikation mit dem Steuermessbetrag die Steuerschuld eines Gewerbebetriebs in Hinblick auf die Gewerbesteuer ermittelt. Wie hoch die zu zahlende Gewerbesteuer ausfällt, hängt damit von der Höhe dieses Faktors und vom Gewerbegewinn in einer Besteuerungsperiode ab. Über den Hebesatz und die Gewerbesteuer erhalten die Gemeinden in Deutschland die Möglichkeit, ihre Haushaltskasse direkt zu beeinflussen.

Wie wird er festgelegt?

Die gesetzliche Grundlage für den Hebesatz findet sich im § 16 GewStG (Gewerbesteuergesetz). Demnach sind die Gemeinden berechtigt, den Hebesatz zu bestimmen. Er dient der Ermittlung der Gewerbesteuerschuld. Grundsätzlich gilt ein Hebesatz in Höhe von 200 Prozent, wenn die Gemeinde keinen höheren Faktor bestimmt. Entsprechende Beschlüsse über die Festsetzung müssen bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres erfolgen. Die Laufzeiten für die Gültigkeit der Festlegung sind ebenfalls im Gewerbesteuergesetz geregelt.

Für den Hebesatz (§ 16 Abs. 1 GewStG) der Gewerbesteuer existiert in Deutschland ein gesetzlicher Mindestwert. Dieser liegt bei 200 Prozent. Daraus ergibt sich, dass der Faktor aktuell in keiner Gemeinde in Deutschland dieses Minimum unterschreitet. Es existieren mehrere Hundert Gemeinden, die Hebesätze oberhalb von 400 Prozent verlangen. Besonders hohe Hebesätze sind in den Großstädten im Ruhrgebiet zu beobachten, sie liegen bei über 500 Prozent, stellen damit aber insgesamt betrachtet eine Ausnahme dar. Den Spitzenwert erreicht eine kleine Gemeinde in der Eiffel mit einem Hebesatz in Höhe von 900 Prozent. Ein gesetzlicher Maximalwert existiert nicht.
Urteil des Bundesgerichtshofs von 1965
Wer die Pflicht hat, Steuern zu zahlen, hat das Recht, Steuern zu sparen.

Bedeutung des Steuermessbetrags

Die Betriebe zahlen die Gewerbesteuer quartalsweise im Voraus. Am Ende des Geschäftsjahres geben die Betriebe eine Gewerbesteuererklärung ab, auf deren Basis die endgültige Abrechnung erfolgt. Der Steuermessbetrag ist jener Betrag, auf den der Hebesatz angewendet wird. Von der Höhe des Messbetrags hängt es also entscheidend ab, wie hoch die Gewerbesteuer am Ende ausfällt. Um den Messbetrag zu erhalten, erfolgt die Multiplikation des Gewerbeertrags mit der Steuermesszahl. Diese ist im § 11 Abs. 2 GewStG festgelegt und beträgt 3,5 Prozent.

Berechnungsbeispiel:
Zuerst erfolgt die Berechnung des sogenannten verbleibenden Gewerbeertrags. Hierbei handelt es sich um den Gewinn des Gewerbebetriebs, korrigiert um Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG). Es erfolgt danach eine Kürzung des Gewerbeertrags auf volle 100 Euro (§ 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Bei Personengesellschaften (GbR, OHG, KG, Partnergesellschaft) ist der Freibetrag in Höhe von 24.500 Euro zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG). Dieser Freibetrag gilt nicht für Kapitalgesellschaften (GmbH, KGaA, AG):
Gewinn aus Gewerbebetrieb
120.000 €
Hinzurechnungen nach § 8 GewStG.
+30.000 €
Kürzungen nach § 9 GewStG
- 20.000 €
Verbleibender Gewerbeertrag
130.000 €
Steuermesszahl
3,5%
Messbetrag
4.550 €
Hebesatz München
490%
Gewerbesteuer
22.295 €
Bei den Vorauszahlungen gehen die Gemeinden von der zu erwartenden Steuer aus. Es ist möglich, diese Vorauszahlungen einander anzugleichen. Besitzt ein Unternehmen mehrere Standorte und befinden sich diese in verschiedenen Gemeinden, erfolgt eine Aufteilung des Messbetrags. Die Aufteilung findet dabei vor der Anwendung der Hebesätze mit ihrer jeweiligen kommunalen Geltung statt.

Gewerbesteuerhebesatz als Standortfaktor für Unternehmen

Für die Unternehmen besitzt der Hebesatz einen hohen Wert als Standortfaktor. Wer niedrigere Sätze als konkurrierende Gemeinden anbieten kann, wirkt auf Unternehmen attraktiver, weil die steuerlichen Belastungen in Hinblick auf die Gewerbesteuer geringer ausfallen. Gerade in neu erschlossenen Gewerbegebieten können die Gemeinden sich dazu entschließen, niedrige Hebesätze einzuführen, um die Ansiedelung von Betrieben zu beschleunigen.

Ist eine Gemeinde mit dieser Strategie erfolgreich, können die Einnahmen am Ende höher liegen, als dieses bei höheren Hebesätzen für die Gewerbesteuer der Fall gewesen wäre. Das gelingt, wenn erfolgreiche Unternehmen in die Region kommen und die Besteuerung in Bezug auf hohe Umsätze erfolgt.

Grundsätzlich gilt, dass gerade Gemeinden mit besserer Infrastruktur höhere Hebesätze fahren. Die Unternehmen nutzen diese Infrastruktur und könnten daher bereit sein, mehr dafür zu bezahlen. Das ist auch ein Grund dafür, weshalb es sich für einen Betrieb lohnen kann, bewusst in eine Gemeinde mit höheren Hebesätzen zu ziehen und dort entsprechend von einer besseren Infrastruktur zu profitieren.

Eine geringere Bedeutung besitzt der Hebesatz in Bezug auf die Attraktivität der Gemeinden für kleine Unternehmen und Personengesellschaften. Aufgrund des geltenden Freibetrags in Höhe von 24.500 Euro zahlen Personengesellschaften häufig überhaupt keine Gewerbesteuer. Damit verliert der Hebesatz an Bedeutung. Gerade für Kapitalgesellschaften, die in einer Hochsteuergemeinde wie München (490%), Berlin (410%), Hamburg (470%) oder Frankfurt am Main (460%) angesiedelt sind, macht die Gewerbesteuer einen erheblichen Kostenfaktor aus.

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